Die Steuerpolitik umfasst alle staatlichen Maßnahmen, die steuerliche Aspekte beeinflussen – sei es durch die Implementierung neuer Steuern oder die Anpassung bestehender Steuern. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Wirtschafts- und Finanzpolitik eines Landes und wird eingesetzt, um sowohl fiskalische als auch nicht-fiskalische Ziele zu erreichen. Die grundlegende Definition der Steuerpolitik bezieht sich auf die organisatorische und rechtliche Gestaltung des Steuerwesens, um die Einnahmen des Staates zu sichern und sozialpolitische Aspekte zu berücksichtigen.
Zentrale Erkenntnisse
- Die Steuerpolitik zielt darauf ab, das Steueraufkommen zu steigern und sozialpolitische Ziele zu erreichen.
- Maßnahmen der Steuerpolitik können die Einführung oder Abschaffung von Steuern umfassen.
- Über 100 steuerliche Wahlmöglichkeiten bestehen, die die Steuerpolitik beeinflussen können.
- Komplexe Wirkungen der Steuerpolitik auf die Volkswirtschaft sind oft nicht-deterministisch.
- Die EU hat nur begrenzte Zuständigkeiten im Bereich der Steuerpolitik, die hauptsächlich den Mitgliedstaaten obliegt.
Definition und Ziele der Steuerpolitik
Die Steuerpolitik ist ein umfassender Wirtschaftsbegriff, der die Gestaltung und Anpassung des Steuersystems umfasst. Ihr Hauptziel ist es, durch die Steuererhebung notwendige fiskalische Ziele des Staates zu erreichen. Dabei geht es vor allem um die Sicherstellung ausreichender Steuereinnahmen, um öffentliche Ausgaben zu finanzieren und die wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten.
Nicht niedrig zu bewerten ist die Rolle der Steuerpolitik bei der Verfolgung nicht fiskalischer Ziele. Diese umfassen die Umverteilung von Einkommen und Vermögen zur Förderung sozialer Gerechtigkeit. Beispielsweise setzten viele skandinavische Länder auf ein progressives Steuersystem, das höhere Einkommen mit höheren Steuersätzen belastet. Gleichzeitig setzen einige Länder, wie Irland, auf niedrige Körperschaftssteuersätze, um ausländische Investitionen anzuziehen.
Ein weiteres bedeutendes Ziel der Steuerpolitik ist die ökonomische Steuerung. Durch steuerliche Anreize kann der Staat auf wichtige Sektoren wie Umweltschutz und Forschung einwirken. Der BEPS-Aktionsplan (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD ist ein Beispiel für internationale Bemühungen zur Eindämmung von Steuervermeidung, der ebenfalls fiskalische Ziele unterstützt.
Es ist wichtig anzumerken, dass der Erfolg dieser Maßnahmen unter anderem davon abhängt, wie sich die internationalen Steuersysteme im Kontext des globalen Handels unterscheiden. Während die USA ein weltweites Besteuerungssystem anwenden, haben viele europäische Länder ein Territorialsystem, was zu unterschiedlichen steuerlichen Belastungen führt. Die Anpassung der Steuersätze kann daher die Fiskalpolitik als Instrument zur Regulierung der Kaufkraft nutzen und damit die Inflation beeinflussen.
Schließlich ermöglichen es Anpassungen im Steuerrecht, die gesamtwirtschaftlichen Ziele zu erreichen – von der Steuerung des Konsumverhaltens bis hin zur Erhöhung von Investitionen durch unternehmensorientierte steuerliche Maßnahmen. Statistiken zeigen, dass eine aufkommensneutrale Senkung der Körperschaftsteuern zu einem signifikanten Anstieg des BIP pro Kopf führen kann, wie von der OECD verdeutlicht.
Maßnahmen der Steuerpolitik
Zur Erreichung ihrer Ziele bedient sich die Steuerpolitik verschiedener Instrumente. Besonders hervorzuheben sind die Neueinführung und Abschaffung von Steuern, die sowohl ökonomische als auch sozialpolitische Zielsetzungen unterstützen können. Beispielsweise erleichtern steuerliche Abschreibungen Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Eine nachhaltige Gestaltung beinhaltet nicht nur Steuererleichterungen für Familien, sondern auch eine Unterstützung von Unternehmen durch Senkungen der Unternehmenssteuern, wie es bei der Körperschaftsteuer-Option für Personengesellschaften der Fall ist.
Ferner spielen Steuererhöhungen eine wesentliche Rolle, insbesondere bei Gütern wie Tabak oder Alkohol, deren Konsum gesellschaftlich reguliert werden soll. Die EU-Kommission hat zudem Maßnahmen zur Harmonisierung der indirekten Steuern und zur Bekämpfung von Steuervermeidung eingeführt – Letzteres wurde in der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung 2016 festgelegt und 2017 aktualisiert.
Ein detaillierterer Blick auf steuerpolitische Instrumente zeigt, dass Unternehmen ihre Verluste vollständig geltend machen können sollten, einschließlich einer Verrechnung mit mindestens den drei vorangegangenen Jahren. Für Verlustvorträge sollte ebenfalls eine vollständige Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen möglich sein, nicht nur mit 70 Prozent des Verlustbetrags, der eine Million Euro übersteigt.
Ein weiteres wichtiges Instrument ist die Buchwertübertragung bei Umwandlungen zur Sicherung der Liquidität. Dies wird als Regelfall angestrebt, um die steuerliche Belastung zu reduzieren. Zudem ist es relevant, dass Unternehmen bei steuerlichen Sonderbilanzen bestimmte Wahlrechte, wie die Wahl der Abschreibungsmethode, nutzen können, um ihre Steuerbilanz zu beeinflussen.
Ab 2028 wird die Begrenzung für Verlustverrechnung von 70 Prozent auf 60 Prozent des Verlustbetrags, der eine Million Euro übersteigt, zurückkehren. Auch der aktuelle Abzinsungssatz für Rückstellungen von 5,5 bis 6 Prozent wird als unrealistisch angesehen und bedarf Anpassungen, um die wirtschaftliche Realität besser widerzuspiegeln. Solche neuen Regelungen und Anpassungen sind charakteristisch für die dynamische Gestaltung der Steuerpolitik, um den sich ändernden ökonomischen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.
Wirkungen der Steuerpolitik
Die Wirkungen der Steuerpolitik sind ein komplexes Geflecht von Wechselwirkungen, die sich sowohl auf private Haushalte als auch auf Unternehmen und internationale Märkte auswirken. Besonders die Wirkungen auf private Haushalte sind von zentraler Bedeutung bei der Analyse von Steuermaßnahmen.
Zu den anerkannten Maßnahmen zur Dämpfung der Hochkonjunktur gehören die Heraufsetzung des Zinses und die Senkung der Zölle. Interessanterweise werden Steuersenkungen hingegen traditionell nicht als Mittel zur Bekämpfung einer Hochkonjunktur, sondern eher als Instrument zur Bekämpfung einer Depression betrachtet. Diese Einschränkungen verdeutlichen die begrenzte Flexibilität der Steuerpolitik und verlangen eine sorgfältige Bewertung ihrer Wirkungen auf private Haushalte.
Ein höherer Steuersatz könnte notwendig sein, um die Hochkonjunktur zu dämpfen, jedoch kann eine solche Maßnahme die Investitionsentscheidungen und Standortwahl von Unternehmen beeinflussen. Ein geringerer Steuersatz bedeutet zwar ein größeres verfügbares Einkommen für die Privatwirtschaft – was die Nachfrage steigert – könnte aber gleichzeitig zu einer Verringerung der Staatsausgaben führen.
Während die Annahme, dass eine Steuerherabsetzung zu mehr Sparaktivitäten führt, unter momentan deflationären Bedingungen fraglich ist, bleibt die Behauptung umstritten, dass Steuersenkungen die Investitionstätigkeit ankurbeln. Diese Diskussion zeigt, wie eng verwoben die Wirkungen auf private Haushalte mit den unternehmerischen und internationalen wirtschaftlichen Effekten sind.
- Steuersenkungen führen zu einer Steigerung der Privatausgaben und somit zur Nachfrageerhöhung.
- Eine Reduzierung der Steuereinnahmen um 1 Milliarde führt nicht zwangsläufig zu einem Rückgang der Staatsausgaben um denselben Betrag.
- Die Privatausgaben könnten durch eine Steuerermäßigung steigen, was bei bestehender Hochkonjunktur inflationäre Effekte entfalten kann.
Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Länder mit stark progressiven Steuersystemen oft geringere Steuereinnahmen erzielen, während Staaten mit hoher Besteuerung der Mittelschicht höhere Steuereinnahmen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt verzeichnen. Ein Beispiel ist Dänemark, das trotz progressiven Steuersystems erheblich hohe Steueraufkommen erzielt.
Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit und die internationale Positionierung wird deutlich, dass steuerliche Differenzen zwischen Ländern direkte Konsequenzen auf das globale Wirtschaftsgeschehen haben. Während Länder wie die USA und Großbritannien ihr Wirtschaftswachstum stark durch heimische Konsumnachfrage erzeugen, orientieren sich exportgetriebene Modelle wie Deutschland stärker an der Konsumbesteuerung.
Schließlich zeigt sich, dass die Struktur des Steuersystems eng mit der Größe des Wohlfahrtsstaates verknüpft ist. In Skandinavien ist die Konsumbesteuerung nach wie vor hoch, während Länder wie die USA und Japan eine niedrigere Konsumbesteuerung aufweisen. Diese Unterschiede verdeutlichen, wie Steuerpolitik nicht nur die Wirkungen auf private Haushalte beeinflusst, sondern auch den sozialen und wirtschaftlichen Rahmen von Staaten gestaltet.
Fazit
Zusammenfassend ist die Steuerpolitik ein entscheidendes Instrument der staatlichen Finanz- und Wirtschaftspolitik, das tiefgreifende Auswirkungen auf verschiedene Sektoren der Gesellschaft und Wirtschaft hat. Der aktuelle Koalitionsvertrag enthält keine expliziten Hinweise auf Steuererhöhungen, obwohl umfangreiche Mehrausgaben vorgesehen sind – deren Finanzierung bleibt unsicher. Interessanterweise stehen bei der Steuerverwaltung Fortschritte im Bereich der „vorausgefüllten Steuererklärung“ und der „Selbstveranlagung“ bevor, was für Steuerberater von besonderem Interesse sein dürfte.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die angestrebten Investitionen in Form des geplanten Sondervermögens für die Bundeswehr, das 100 Milliarden Euro umfassen soll, sowie der Ergänzungshaushalt im zweistelligen Milliardenbereich. Steuererhöhungen wurden während der Koalitionsverhandlungen weitgehend verhindert, was auf eine gewisse Stabilität in der Steuerpolitik hindeutet. Nicht zu vergessen ist das vierte Corona-Steuerhilfegesetz, das Krisenmaßnahmen aus den Vorjahren verlängert und einen Verlustrücktrag für zwei Jahre hinzufügt – ein wichtiges Signal in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
Die Steuerpolitik Implikationen zeigen, dass spezifische Maßnahmen wie die „Klima- und Investitionszulage“ Anreize für Investitionen schaffen sollen. Jedoch bleibt die Rücknahme der sogenannten Digi-AfA für bilanzierende Unternehmen ein dringender Bedarf, insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Die Förderinstrumente stehen zudem unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission, was auch die zukünftige Steuerpolitik beeinflussen könnte. Insgesamt zeigt sich, dass eine kluge Anwendung der Steuerpolitik zur Förderung von Wirtschaftswachstum und sozialer Gerechtigkeit beitragen kann, während Fehlsteuerungen destabilisierende Effekte nach sich ziehen können.